13. Dezember 1878

Londons Straßen werden abends hell. Die ersten Straßenlampen stehen auf dem gerade erbauten Thames Embankment und dann folgt der Billingsgate Fish Market am 29. November und zwei Wochen später die Waterloo Bridge. Die sieht besonders schön aus, wenn ihr Licht abends einen Bogen über die Themse spannt.

 

[/media-credit] Die Waterloo Bridge ist ein Zweckbau aus den Kriegstagen. Sie ist schmucklos, im Gegensatz zu allen anderen Themsebrücken. Aber ihre Form ist proportioniert, schlank, fast elegant.

 

Damals, 1878, entschloss man sich auch den Brückenzoll aufzuheben, den Kutscher und Fußgänger entrichten mussten, wenn sie die Brücke nutzen wollten. Es muss auch um diese Zeit gewesen sein, als man den Physiker Michael Faraday häufig auf der Waterloo Bridge antraf. Er wechselt auffallend oft die Seite, schaute mal flussaufwärts und dann wieder -abwärts über das Geländer. Er praktizierte Feldforschung, hoffte etwas über das Magnetfeld der Erde herausfinden zu können, was aber wohl nicht gelang. Jedenfalls nicht auf der Waterloo Bridge.

Eigentlich war die Brücke schon damals baufällig, denn die Strömung hatte den Pfeilern schwer zugesetzt. Weil nun aber gerade das schöne Licht installiert war, schob man die Renovierung ein wenig auf. Bis 1920 (!), denn da drohte sie endgültig ins Wasser zu fallen. Ein Ersatzbau wurde fällig, der im Zweiten Weltkrieg einen Volltreffer abbekam. Londoner Frauen bauten dann in Windeseile die dritte Brücke auf. Sie war im Krieg unverzichtbar, um die Stadt mit allen wichtigen Produkten zu versorgen. Diese Brücke steht noch heute und fällt durch ihre zweckmäßige Schlichtheit auf. Aber während der Luftangriffe war keine Zeit für Verzierungen und irgendwie hat sich der schmucklose Betonbau ganz harmonisch in die Umgebung eingepasst.