15. März 1851

Als Königin Victoria 1837 den Thron bestieg, zog sie mit ihrer Familie in das ‘Nachbarhaus’ um. Statt im Kensington Palace residierten sie nunmehr im Buckingham Palace. Der sah damals noch anders als heute aus, denn der gesamte Ostflügel, an dem der berühmte Balkon hängt, war ursprünglich nicht vorhanden. Das Haus hatte drei Flügel und war zur Ostseite, also zur Straße The Mall, weit geöffnet. Lediglich ein imposantes Eingangstor trennte den inneren Teil vom äußeren. 

Die Einfahrt führte unter einem imposanten Marmorbogen hindurch, der von den Engländern genauso genannt wurde, also ‘Marble Arch’. Der Architekt John Nash hatte das Bauwerk schon 1828 entworfen und fügte den Bogen dann zehn Jahre später dem gerade fertiggestellten Buckingham Palast hinzu. Aber schon ein Jahr später, als Victoria mal wieder schwanger war, empfand die königliche Familie den Palast als zu klein. Daraufhin wurde der Ostflügel angebaut. Ganz nebenbei schirmte er die Familie effizient von den neugierigen Blicken der Besucher ab. Man war also schon damals um Wahrung des Privatlebens bemüht.

Bei der Erweiterung musste das imposante Eingangstor weichen. Es wird immer wieder erzählt, dass die Durchfahrt für die königliche Kutsche zu eng geworden war, aber das kann nicht stimmen. Über einhundert Jahre später, bei der Krönungsfeier von Queen Elizabeth II., fuhr die goldene Staatskutsche mühelos hindurch. Da stand der Marble Arch aber längst an der nordöstlichen Ecke des Hyde Parks, wo er noch heute zu finden ist.

Eine andere Geschichte, die sich wie ein Gerücht anhört, ist wahr und weniger bekannt. Innerhalb des Bauwerks gibt es einige kleine Räume. Man kann sogar auf einen Balkon gehen, hoch oben auf dem Tor, und die besten Fotos machen. Vor allem dann, wenn der tägliche Wachwechsel stattfindet. Die Soldaten reiten nämlich durch den Torbogen, wenn sie in ihre Kaserne zurückkehren (oder auch in die andere Richtung). Drei der kleinen Zimmer innerhalb des Marble Arch dienten etliche Jahre als Polizeistation. Die Beamten der Metropolitan Police, die dort arbeiten konnten, hatten vielleicht einen der schönsten Arbeitsplätze in London.

Wenn Sie am Marble Arch vorbeikommen, und das ist sicherlich ein lohnenswertes Ziel, dann sollten Sie auf ein paar interessante Dinge rundherum achten. Zum einen befindet sich dort die Speakers Corner, die sonntags vormittags noch immer etliche Redner anlockt. Sie stehen dann auf ihren Obstkisten oder Trittleitern und verkünden ihre freie Meinung. Es ist alles erlaubt, solange es nicht das Königshaus betrifft oder obszöner Inhalt ist. Dann finden am Marble Arch oft besondere Ausstellungen statt. Die große Verkehrsinsel, auf der das Bauwerk steht, hat viel Platz für Kunst jeder Art. Und ein Kunstwerk, mit dem Namen ‘Still Water’, ist dort dauerhaft installiert worden. Es ist ein riesiger Pferdekopf, der ohne Körper aus dem Rasen ragt. Je nach Blickwinkel erkennt man es oder eben doch nicht.