15. Dezember 1881

Nach dem Großen Brand (1666) war der Leadenhall Market zerstört. Man errichtete ein Provisorium, um den Handel so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Bekannt war der Markt für das Geflügel- und Käseangebot, später durften dort auch Wolle und Leder feil geboten werden. Über 200 Jahre funktionierte das gut, aber dann entschloss man sich, Leadenhall Market grundlegend zu renovieren. Man überdachte die Gänge und schützte damit die Besucher gegen Wind und Wetter.

Der Zugang ist relativ unauffällig, hat man ihn aber gefunden und wirft den ersten Blick hinein, dann zwingt sich wohl bei jedem derselbe Gedanke auf. Nämlich die Erinnerung an den prominentesten Marktbesucher aller Zeiten. Es war Harry Potter, der hier in der Winkelgasse seinen Zauberstab kaufte. Leadenhall Market diente als Filmkulisse und wurde über Nacht weltbekannt.

Eine Legende erzählt von einer anderen Berühmtheit, die im Markt sogar ihre Grabstelle gefunden hat. Es handelt sich um Old Tom, ein Gänserich, der im hohen Alter von 38 Jahren an Altersschwäche starb. Eigentlich war sein Schicksal anders gedacht, er sollte als weihnachtliches Festmahl verkauft werden. Als man ihn aber greifen wollte, um das Messer an seine dünne Kehle zu setzten, entwischte er. Das wiederholte sich mehrmals und schließlich wurde Old Tom zu einem lokalen Helden. Die offiziellen Herren der City of London gewährten ihm ein Budget für sein Futter und so konnte er steinalt werden. Ein Gedenkstein im Markt erinnert an den tapferen Ganter. 

Machen Sie nicht den Fehler, der mir passierte, indem Sie die Hälfte übersehen. Leadenhall Market besteht aus mehr als den beiden breiten Gassen, die sich rechtwinkelig im Zentrum treffen. Ich merkte anfangs nicht, dass es etliche weitere Gassen gibt. Sie sind schmaler und führen einen tiefer in den Markt hinein. Dort gibt es viel zu entdecken und man findet Motive, die nicht schon x-mal fotografiert worden sind.

 

[/media-credit] Der Leadenhall Market ist nicht leicht zu finden, denn auf den Hauptstraßen gibt es keine Hinweisschilder. Steht man dann vor dem Eingang, ist klar, dass hier eine Märchenwelt beginnt. Das gilt besonders während der Weihnachtszeit.

 

15. Dezember 1906

Die Londoner Untergrundbahn eröffnet die Piccadilly Line. Das ist natürlich eine Nachricht, die ich mir rot ankreuze, denn mit dieser Linie fahre ich vom Flughafen Heathrow bis zum Hotel in Covent Garden. Aber das war damals noch nicht möglich, alleine schon deshalb, weil es noch fast ein halbes Jahrhundert dauern sollte, bis man sich einen Flughafen im Westen der Stadt gönnte.

Die Piccadilly Line hat zwei Routen, die sich in Acton Town abzweigen. Fährt man stadteinwärts, ist das egal, aber vom Zentrum zum Flughafen muss man aufpassen. Selbst wenn am ersten Wagen ‘Heathrow’ angezeigt wird, sollte man sich noch einmal vergewissern, welche Terminals bedient werden. Sollte man am falschen ankommen, dann bitte ruhig bleiben. “Don’t panic and stay away from the windows”, würde mein Freund George sagen. Aber man muss tatsächlich nicht umständlich wieder zurückfahren, denn alle Terminals sind untereinander mit einer Schnellbahn verbunden. Man muss dann nur noch den Bahnsteig finden und dazu folgt man am besten allen anderen Kofferschiebern.

Auf der Piccadilly Line werden die ältesten Züge eingesetzt, die mit einem Affentempo durch die passgenaue Röhre (Tube) sausen. Da passt keine Hand zwischen Zug und Tunnelwand, denn meistens gibt es für jedes Gleis einen eigenen, fast runden Tunnel. Ausserdem gehört die Piccadilly Line zu den Linien, die am tiefsten durch den Untergrund fahren. Das merkt man beispielsweise in Covent Garden, wo es weder Treppe noch Rolltreppen gibt. Wer nach oben will muß den Fahrstuhl nehmen, der dann 80-90 Meter senkrecht überwindet. Die Tiefe der Tunnelröhren führt auch dazu, dass es ungewöhnlich warm ist. Selbst im Winter herrschen angenehme Temperaturen auf den Bahnhöfen. Im Sommer wird es dann unterträglich und die 35° Marke ist im Zug schnell erreicht. Ich ziehe die dicke Jacke schon beim Einsteigen aus, denn später kann es ziemlich voll werden und dann ist das nicht mehr so einfach. Wer das versäumt, kommt schweißgebadet in London an.

 

[media-credit name=”Credit: anonym, Piccadilly Line, CC BY-SA 3.0″ align=”aligncenter” width=”800″][/media-credit]