20. Januar 1805

Ein neues Hafenbecken wird eröffnet, genannt ‘London Docks‘. Täglich machen Schiffe fest, werden be- oder entladen. Ein reges Treiben setzt ein, an ganzes Heer von Arbeitern wuselt hier von morgens bis spät in die Nacht über die Kaianlagen. Die London Docks liegen dichter an der Stadt als alle anderen Hafenteile. Erst als das Katherine Dock gebaut wird, rückt der Hafen noch ein Stück näher, aber schon bald werden beide Docks von derselben Gesellschaft betrieben. 

Nach Bau des Themse-Sperrwerks und der Auslagerung des Containerhafens verliert das London Dock seinen Zweck. Im Jahr 1969 wird es aufgegeben. Der östliche Teil wird zugeschüttet, um Bauland für Wohnungen zu erschließen. Der westliche Teil existiert noch heute. Er verleiht mit seiner Wasserfläche dem Stadtteil Wapping seinen Charme. Ein Lagerhaus, das Tobacco Dock ist ebenfalls stehen geblieben. Dort finden ganzjährig Veranstaltungen statt, meistens mit viel Bier und Alkohol. So manche Party hat es in die Schlagzeilen geschafft, unter anderem letztes Jahr, als die Bierfässer schon nach zwei Stunden leer waren. Wer es ruhiger mag, sollte unbedingt einmal das St Katherine Dock besuchen. Es liegt gleich hinter der Tower Bridge und man findet viele Restaurants, die hervorragende Speisen anbieten. Nicht ganz preiswert, denn wer dort eine Wohnung besitzt, hat einen stolzen Quadratmeterpreis akzeptiert. Dafür hat man dann Rod Stewart zum Nachbarn.

 

[/media-credit] St Katherine Dock in London, Wapping. Eine nette Gegend zum Shoppen, Essen + Trinken oder Spazierengehen.

 

 

20. Januar 1843

In Whitehall fand an diesem Tag ein Attentat statt. Schon seit Tagen fiel ein Mann auf, der ziellos die Straßen entlangläuft, immer in Sichtweite der Downing Street. Dann, am Nachmittag des 20. Januar, zieht er eine Pistole und feuert einen Schuss ab. Es trifft den Privatsekretär des Premierministers. Sein Name Edward Drummond und er war auf dem Weg ins Büro. Vom Bahnhof Charing Cross hatte er zu Fuß den kurzen Weg zur Downing Street, entlang, gewählt. 

Der Attentäter, Daniel M’Naghten, hatte dem Mann aus nächster Nähe in den Rücken geschossen. Das Opfer sackte zusammen, lebte aber noch und wurde sofort in eine Klinik gebracht, wo er später verstarb. Bevor ein zweiter Schuss fiel, waren Polizisten zur Stelle und überwältigen den Attentäter.

Es stellte sich heraus, dass Daniel geistesschwach war und keine Angaben zum Grund seines Handels machen konnte. Aufgrund seines Zustandes entschied das Gericht auf nicht schuldig. Das Gefängnis blieb ihm erspart, aber er verbrachte den Rest seines Lebens in einer Heilanstalt. Der Urteilsspruch führte zu Erstaunen, teils sogar Empörung. Es war das erste Mal, dass ein Täter aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung als nicht schuldig betrachtet wurde. Noch heute spricht man deshalb von den ‘M’Naghten rules’.

Es wurde zwar nie geklärt, aber man vermutet stark, dass eigentlich der Premierminister Robert Peel erschossen werden sollte. Gut möglich, dass der Täter ihn mit seinem Sekretär verwechselt hatte.

Ein Chirurg, der anonym bleiben wollte, hatte eine andere Theorie bezüglich der Todesursache von Edward Drummond. Er war überzeugt, dass die Schusswunde nicht tödlich war. Trotzdem waren sich alle einig, dass Drummond am Blutverlust gestorben war. Der Chirurg ging davon aus, dass die überhastete Entfernung der Kugel der eigentliche Grund für das Verbluten war. Mit anderen Worten, man hatte Drummond die tödliche Wunde erst beim Rettungsversuch zugefügt. 

Premierminister Robert Peel sollte noch sieben Jahre leben. Bei einem Ausritt stürzte er vom Pferd und starb bald darauf an seinen schweren Verletzungen. Peel wurde 62 Jahre alt. Er gilt als einer der bedeutenden Politiker. Er war viele Jahre im Amt des Premierministers, wurde nach einer Pause erneut gewählt. Heute gilt er als ideologischer ‘Vater’ der konservativen Tory Partei.

 

20. Januar 2006

London bekommt Besuch. Der Gast schwimmt die Themse hinauf bis ins Stadtgebiet. Und genau dort wurde er, Pardon sie, entdeckt. Ein fünf Meter langer Wal, aus der Familie der ‘bottle nose whales’. Trotz des femininen Geschlechts waren sich alle einige, dass das Tier Willy heißen muss. Der Film ‘Free Willy’ war wohl der Grund der schnellen Einigkeit.

Vor den Küsten von Schottland oder Nordirland werden diese Wale öfter gesichtet, aber nicht in der Themse zwischen Tower und Waterloo Bridge. Schon am Tag zuvor hatte das Kontrollzentrum des Themse Sperrwerks gewarnt, dass ein oder sogar zwei Wale die Barriere passiert hätten. Man wusste also, wonach man Ausschau halten sollte.

Am frühen Morgen des 20. Januar erhielt die Polizei dann einen Anruf von einem Londoner, der fürchtete Halluzinationen zu haben. Er hätte auf der Bahnfahrt zur Arbeit einen Wal im Fluss gesichtet. Eine Rettungsmannschaft rückte an. Schon bald, bei Ebbe entdeckte man das Tier, das am Ufer gestrandet lag. Es war auch Blut auszumachen. Willy war ganz offensichtlich in Not.

Noch hoffte man, dass das Tier selbst den Weg zurück finden würde. Als man es dann aber in Battersea sichtete, war klar, dass es sich verirrt hatte. Darauf schritt man ein. Am Morgen des 21. Januar kreisten Rettungsleute den Wal ein. Man deckte dem Tier die Augen ab, damit es sich beruhigen würde. Tierärzte untersuchten den gestrandeten Gast.

Inzwischen hatte man eine Schute herangefahren und auch einen Schwimmkran. Vorsichtig wurde der Wal angehoben und in das Boot gelegt. Das alles passierte nahe der Albert Bridge und ganz London schaute von oben zu. Die BBC hatte ihr Programm geändert und berichtete pausenlos vom Stand der Rettung. Alle drückten die Daumen, dass Willy überleben wird.

An der Themsemündung ließ man ihn wieder ins Wasser, aber es war zu spät. Etwas später fand man ihn (sie) am Strand von Margate, wo das eigene Gewicht langsam zum Tod führte. Ein Tierarzt entschied schließlich, den qualvollen Prozess zu beschleunigen und schläferte Willy ein.

London Zoo durfte den Kadaver untersuchen. Gleichzeitig begann man Geld zu sammeln, um eine angemessene Grabstätte zu kaufen, die vermutlich ziemlich groß sein musste. Dann fand man eine andere Lösung. Das National History Museum erhielt das Skelett und man kann es noch heute dort ansehen. 

Die tierlieben Londoner waren ziemlich am Boden. Eine Rockband verarbeitete die Trauer in einem ihrer Lieder, mit dem Titel: Northern Whale. Wann immer sie das Stück spielen, kündigen sie es mit diesen Worten dem Publikum an: “This next song started off as a love song, for someone I love. And then a whale came up the Thames… And it turned into a song about a whale.”

 

[/media-credit] Wenn jemand in Not ist, dann sind die Londoner zur Stelle.