Mäuschen im Buckingham Palace zu sein, würde mir jederzeit gut gefallen. In diesen Tagen aber ganz besonders. Angeblich wurde dort die Westminster Abbey nachgebaut, um die Krönungszeremonie ausführlich und gut abgeschirmt einzustudieren. Also natürlich wurde nicht komplette Kirche in den Palast verfrachtet, die würde gar nicht hineinpassen, aber die Strecke, die das Königspaar möglichst würdevoll abschreiten soll, wurde zentimetergenau abgesteckt. Der Thron wurde aufgestellt, vermutlich ein Nachbau, und vor allem die Stufen wurden originalgetreu im Boden eingefügt. Eine realistische Probe in der Abbey war bisher erst einmal möglich und die fand in normaler Kleidung statt, und nicht in den Gewändern, die König und Königin tragen werden.

Eine Generalprobe mit allem Drum und Dran, dann auch im teuren Gewand, soll angeblich am 28. April vor Ort stattfinden. Vorher wird man nach Spionen und versteckten Kameras suchen. Dann soll die Zeremonie in voller Länge mit Krone, Zepter und Bischof durchgespielt werden. Immerhin 90 Minuten Konzentration, also volle Spielfilmlänge. Das wird dann aber auch die einzige Gelegenheit sein, um auszutesten, ob alles so funktioniert, wie geplant.

Bis dahin werden aber noch einige Proben im Palast stattfinden. Da kann man dann schon mal die Schuhe einlaufen und herausfinden, ob die Krone sicheren Halt auf dem Kopf hat. Ehrlich, ich möchte nicht in der Haut der beiden stecken. Ich hätte sicherlich allergischen Ausschlag, schlaflose Nächte, nicht endende Bauchschmerzen und trotz Appetitlosigkeit anhaltenden Durchfall.

Auch wenn alles streng geheim gehalten wird, und sich eigentlich keiner an die letzte Krönung erinnern kann, weiß man, was am 6. Mai in der Westminster Abbey passieren wird. König und König werden mit Gefolge vor dem Eingang vor der Sanctuary stehen, gleich neben dem Abbey Souvenir Shop, und dann das Kirchenschiff betreten. Würdevollen Schrittes werden sie zum Krönungsstuhl schreiten, der fast am anderen Ende, beim Hochaltar, aufgestellt ist. Das ist eine lange Strecke, auf der viel passieren kann, besonders wenn die ganze Welt live zusieht. 

 

 

Schon jetzt soll sich herausgestellt haben, dass das Krönungsgewand aus so schweren Stoff gefertigt ist, dass die Gefahr besteht, an Stufen oder Absätzen hängenzubleiben. Schnell hat man deshalb eine Rampe eingebaut, auf der die Schleppe des Umhanges dann hoffentlich besser über den Bodenversatz gleiten kann. Charles wurde darauf hingewiesen, dass er achtgeben soll, nicht über den Stoff zu stolpern. Das ist so hilfreich wie der Hinweis vom Zahnarzt: “Jetzt bitte nicht schlucken”. Schon beginnt eine nie gekannte Speichelproduktion.

Als ich von den Proben im Palast hörte, realisierte ich erstmals, dass der König seine Krönung nicht im Smoking oder in der Paradeuniform feiern wird. Wir sind zwar im Jahr 2023, aber das ändert nichts an Traditionen. Er wird also königlich gekleidet erscheinen bzw. sein Gewand im Laufe der Feier anziehen. Es wird wohl ein Umhang sein, aus wertvollen Stoffen genäht, mit Edelsteinen und Pelzbesatz. Wie ich Charles einschätze, besteht er auf Webpelz. Den gibt es wohl auch im weißen Hermelin Look.

Was aber wird er an den Beinen tragen? Eine schwarze Hose und elegantes Schuhwerk oder womöglich Strumpfhose und Schnallenschuhe? Seidenhose mit Kniebund? Oder doch die Uniform, mit goldener Kordel und Ordensbehang? Es bleibt spannend. Einen Blick vorab werden wir nicht bekommen. Aber am Krönungstag, Samstag, den 6. Mai, darf die ganze Welt zuschauen. Da wird man hemmungslos zoomen auf alles, was von Interesse sein könnte. Nein, ich möchte wirklich nicht mit den beiden tauschen. Aber über den Mäusejob kann man mit mir reden.

 

Links ist Edward VII. in seinem Krönungsgewand zu sehen und rechts Georg III. (Bild-Lizenzen gemeinfrei)