Genau hier, auf dem Paradeplatz der Horse Guard, feierte Königin Elizabeth II. jedes Jahr ihren Geburtstag. Die Zeremonie, die als ‘Trooping the Colour’ bekannt ist, findet jährlich am zweiten Samstag im Juni statt. Dann präsentieren sich über 1.400 Soldaten und 200 Pferde. Ob ihr Sohn, der jetzt König ist, es fortsetzen wird? Er hätte eigentlich mehr Grund als die Mutter, denn diese Geburtstagsparade wurde von einem Vorfahren erfunden, der im November Geburtstag hatte (genau wie Charles III.). Weil man im nassen und kalten November keine Straßenparty feiern kann, hat der einfallsreiche Monarch seinen Geburtstag kurzerhand in den Juni verlegt. Und zwar immer an einem Samstag. Überaus schlau. Ausserdem ist ‘Trooping the Colour’ und das vorangehende ‘Beating Retreat’ ein fest eingeplanter Termin für Londoner und Touristen aus aller Welt. Also bin ich mehr als zuversichtlich.

An den meisten Tagen ist auf dem Exerzierplatz wenig los und jedermann darf nach Herzenslust darüber marschieren. Auf dem Foto sieht man in der Mitte ein Gebäude mit einem Durchgang, der ohne Kontrolle von jedermann passiert werden kann. Das ist eine prima Abkürzung zwischen St James’s Park und Whitehall. Aber zeigen Sie bitte Respekt, falls Sie auf dem Fahrrad unterwegs sind. Ein Schild weist darauf hin, dass man bitte vor der Durchfahrt absteigen möchte. Der Grund ist nicht ganz so naheliegend, wie man meinen könnte. Es geht dabei nämlich um das exklusive Durchfahrtsrecht des Königs und seiner Familie. Das gilt für viele der großen Prachttore, wie dem nahegelegenen Admiralty Arch oder auch für Marble Arch im Hyde Park. Stets steht das große mittlere Tor nur für die Kutsche des Regenten offen. – Übrigens erwartet sie auf der anderen Seite des Gebäudes eine nette Überraschung. Sie werden dort einen Wachsoldaten in Uniform sehen und zwei weitere auf ihren Pferden. Jedenfalls tagsüber bis vier Uhr nachmittags.

 

In dem hellen Gebäude leben die Soldaten und dort sind auch die Pferde in ihren Ställen untergebracht. Ein kleine Museum gewährt Einblick hinter die Kulissen. Gleich rechts ist der Garten von Downing Street No 10. Polizisten stehen diskret vor dem Tor.

 

Drei große Gebäude säumen den Paradeplatz. Ganz links sehen wir die Zitadelle, ein Hochbunker mit massiven Wänden. Im Sommer verschwindet er ganz unter grünen Weinranken, im Winter wirkt er wie ein finsterer, fast schwarzer Klotz, der so gar nicht in die Umgebung passen will. Daneben präsentiert sich das Old Admiralty Building in schönsten Queen Anne Baustil (roter Ziegel und heller Kalkstein). In diesem Haus konnte man während des U-Boot-Krieges Winston Churchill durch die labyrinthartigen Korridoren laufen sehen. Es gibt einen Durchgang zum dahinter liegenden Admiralty Arch, der sich imposant vom Trafalgar Square aus zeigt. Inzwischen wurde er verkauft und zu einem Luxushotel umgebaut. An der Fassade wird sich aber nichts ändern. Dasselbe könnte auch mit der Old Admiralty passieren, denn diese Gebäude kostete dem britischen Steuerzahler viel Geld und wird heute kaum genutzt.

 

 

Betritt man den Paradeplatz vom St James’s Park aus, dann sieht man das helle Horse Guard Building vor sich. Es wird noch heute von der Guards Divison als Hauptquartier genutzt. Soldaten der britischen Armee sind hier stationiert und es gibt natürlich auch einen Pferdestall, in den man einen Blick werfen kann, wenn man das kleine Museum besucht (empfehlenswert). Weiter rechts, an der Südseite, dominiert die Fassade der HM Treasury, also der Schatzkanzlei. Und gleich daneben das Büro der Premierministerin, denn wir sehen auf die Rückseite der Häuser in Downing Street. Vielen Touristen wird das nicht bewusst sein, aber schaut man genau hin, das sieht man immer zwei bewaffnete Polizisten davor patrouillieren. Früher war man weniger vorsichtig und prompt wurde No 10 von hier aus angegriffen. Damals diente der Paradeplatz u.a. als riesiger Parkplatz und IRA Terroristen konnten ungehindert ein Fahrzeug mit einer Mörserkanone dort parken. Zur selben Zeit wurde auch der wunderschöne Innenhof des Somerset House am Strand als Behördenparkplatz genutzt. Zum Glück wurden die Autos inzwischen verbannt und stattdessen die Touristen eingeladen, vorbeizukommen. Danke London!

 

 

Gelegentlich wird die Horse Guard Parade aber auch noch heute zweckentfremdet. Dann errichtet man dort in Windeseile ein komplettes Sportstadion, dass mal eben 15.000 Zuschauer fassen kann! So geschehen 2012 (Olympiade) für die Beachvolleyballer (Gold für die deutschen Männer) und vor vier Jahren für die Springreiter. Da haben die Engländer die Medaillen abgeräumt, aber der Deutsche, Ludger Beerbaum, hat immerhin den zweiten Platz gemacht. Ich bin gespannt, was wir künftig hier präsentiert bekommen werden, eines ist gewiss, eine neue Überraschung wird kommen.