11. Februar 1852

In London wird die erste öffentliche Toilette für Frauen eröffnet. Männern bot man schon vorher die Gelegenheit, sich unterwegs zu erleichtern, aber die Frauen mussten durchhalten. Man hielt es wohl für unschicklich, dass sie außerhalb des eigenen Hauses eine Toilette benutzten. Vielleicht war auch die Mode so kompliziert, dass der Toilettengang einer aufwändigen Prozedur gleichkam. Rock heben, Unterrock raffen, Mieder öffnen und was nicht noch alles, bis die Knickers in Griffnähe kamen.

Für mich war vor allem der Ort des Geschehens überraschend. Das erste ‘Dixi-Klo’ für Frauen stand nämlich in der Bedford Street (No. 51 / Ecke Strand). Eine Straße, die ich nur zu gut kenne, denn ‘mein’ Hotel ist dort zu finden. Ich gehe deshalb mehrmals täglich durch die Bedford Street, wann immer ich in London bin. Sie verbindet den Strand mit Covent Garden Market

 

 

Wenn ich es mir recht überlege, dann hinkt mein Vergleich mit dem transportablen Toilettenhäuschen, und das gleich mehrfach. Der Abort in der Bedford Street, der offiziell den unverfänglichen Namen ‘waiting room’ erhielt, war nämlich an die Kanalisation angeschlossen. Es war also eine voll funktionsfähige ‘flushing toilet’, damals kaum bekannt und super modern. Das allererste Modell wurde ein Jahr vorher bei der Londoner Weltausstellung präsentiert. Prompt kamen unzählige Besucher, nur um dieses Wunderding auszuprobieren.

Und bei den Männern habe ich mich auch vertan, denn sie waren zwar die Ersten, die mit einem öffentlichen Wasser-Klosett beglückt wurden, aber das fand nur wenige Tage vor der Eröffnung in der Bedford Street statt. Die Herren bekamen ihr Häuschen in der Fleet Street (No. 95), was Sinn macht, denn dort war tagsüber ein reges Treiben. Rundherum Büros, Redaktionen, Café Häuser und andere Geschäfte.

Das Wasser-WC war eigentlich eine Zufalls-Erfindung eines englischen Klempners, die er dann im Crystal Palace den staunenden Besuchern der Weltausstellung präsentierte. Wer die Toiletten benutzen wollte, musste einen Penny bezahlen. Noch heute spricht man von ‘where can I spent a penny?’, wenn die Blase drückt. Für das Geld bekam man damals ein all-include-package: eine gereinigte Toiletten-Brille, ein Handtuch, einen Kamm zum Frisieren und sogar den Schuhputzservice obendrauf. Die Leute waren begeistert und kamen in Scharen. Die Ausstellungs-Klos wurden zur sprudelnden Gewinnquelle. Man kassierte über £ 1.000 im ersten Jahr. Kein Wunder, dass bald danach überall ‘waiting rooms’ wie Pilze aus dem Boden schossen.

Es wurden noch einige technische Änderungen an dem Sanitär-Thron vorgenommen, bevor alle zufrieden waren. In den ersten Modellen lief das Wasser noch permanent, erst dann erfand man die Wasserspülung und vor allem den dazu notwendigen Schwimmer. Der findige Mann hieß ausgerechnet Thomas Crapper, was nicht ohne Witz ist. Wer ihn nicht versteht, sollte sich ‘crap’ mal übersetzen lassen. Oder war Thomas womöglich sogar der Urheber dieser Wortbedeutung? Ich weiß es nicht, werde aber bei meiner nächsten ‘Sitzung’ mal darüber nachdenken.